In der 1. Juliwoche haben sich die Pfadfinder aus Oberschöneweide zu einer 7-tägigen Kanutour von Feldberg nach Fürstenberg aufgemacht. Hier mein Erfahrungsbericht:
1. Nacht
Jetzt kommt die erste Nacht. Morgen geht es los. Die letzte Nacht schlafen wir im großen Saal des Kindergartenhauses der evangelischen Kirche. Heute hat Oli die Sachen kontrolliert damit keiner zu viel mit ins Boot nimmt. Dazu hat jeder alle seine Sachen ausgepackt und vor sich auf dem Boden gelegt. Danach hat Olli die Packliste noch einmal vorgelesen. Alles was er vorgelesen hat durfte wieder eingepackt werden. Dazu hat jeder 5 Plastiktüten benutzt, in eine kamen die 4 T-Shirts, in eine die Unterwäsche, in eine die Hosen, in eine die Schuhe und in die letzte der Rest. Alles was nach dem einpacken immer noch vor uns liegt bleibt nächste Woche in Oberschöneweide. So muss Lea ein Paar Schuhe hier lassen. Jeder hat jetzt in seinem großen Rucksack nur 5 Plastiktüten. Diese sind in einem großen Müllsack. Es muss schon viel passieren bevor die Sachen nass werden.
Ich bin gespannt was morgen passiert. Ich bin noch nie Kanu gefahren. Morgen um 6 geht es los. Und die letzte Nacht vor der Tortur liegen wir jetzt hier auf der Isomatte auf harten Kirchenboden. Gute Nacht. Die Kinder schlafen alle schon, jung muss man sein. Insgesamt sind wir 14 Kinder und 5 Erwachsene. 3 Mädchen bilden die Schlümpfe, die Wilden sind zu fünft vertreten, die Minotauren sind zu fünft dabei. Dazu die Gruppenleiter Eva, Oli und Johannes sowie als Gäste meine Frau, meine Tochter und ich.
2.Nacht
Was für ein Abend. Jetzt schläft mein Sohn endlich. Ich schlafe mit ihm draußen vor dem Zelt. Tobias war so geschafft vom Tag dass er nicht wusste in welches Zelt er sich legen soll. Also haben wir uns in kein Zelt gelegt und schlafen unterm freien Himmel. Aber wen wundert's. Wir sind heute früh vor 6 aufgestanden. Nach Zug und Busfahrt, 2km Wanderung durch Feldberg - zum Glück ohne Gepäck - Boote einräumen sind wir in Feldberg um 2 losgefahren. Und es wurde nicht leichter. Wir hatten 7 km Bootwanderung vor uns. Die meisten von uns saßen noch nie in einem Boot.
Die ersten im Boot waren die 3 Wilden: Jens, Tobias und Maxim. Danach sind Jakob und Eirik im ersten Frachtboot aufs Wasser. Im dritten Boot saßen mit mir Lukas und Robert. Nach mir kam Hajni mit Marie und Lea, danach kam das zweite Mädchenschiff mit Eva, Noele und Josefine. Die letzten beiden Boote bildeten das zweite Frachtboot mit Johannes und Kornelius sowie Olli mit Angelo und Janek. Alle mussten ihren Rucksack, Schlafsack und Isomatte im Boot verstauen. Den großen Rest bestehend aus Zelten, Gasflasche, Kochgeschirr, Essen und Trinkwasser wurde auf alle Boote verteilt, die Hauptlast war natürlich bei den Frachtbooten.
Als wir um 6 beim ersten Zeltplatz waren mussten die Boote 200 m bergauf gebracht werden. Zelte aufbauen, Abendessen, Zähne putzen sollten folgen. Aber als erstes sollte uns ein Bootswagen brechen, so dass wir die 7 Boote mit dem zweiten Bootsanhänger einzeln hochschieben mussten. Und die Kinder die helfen wollten und konnten haben die Taschen alle hochgetragen. Das hat gedauert. Die Motivation war bei den meisten Kindern dann weg um Zelt aufzubauen und essen vorzubereiten. Aber gegessen haben doch alle. Und Spanien ist Europameister. Jetzt fängt es gleich an zu regen. Ich muss mit Tobi ins Zelt.
3. Nacht
Ist Zeltaufbauen immer so hektisch? Nach einer schönen Tour heute über fast 10 km sind wir kaputt aber glücklich hier angekommen. Die Boote waren schnell ausgepackt. Olli hat sich mit den Mädchen schnell mit der Essenvorbereitung angefangen. Zu der Zeit haben die beiden Jungsgruppen angefangen mit dem Zeltbau. Es werden insgesamt 3 Zelte aufgebaut (für jede Gruppe ein Zelt). Für jedes der Zelte werden vier schwere große schwarze Planen aneinandergeknüpft. Dadurch entsteht eine noch größere achteckige Plane mit einem Loch in der Mitte. Die acht Ecken werden mit Heringen fixiert. In die Mitte wird ein großer Stock gestellt. Wir haben einen solchen Stock dabei und ungefähr 15 Heringe. Das heißt es müssen im Wald noch 2 drei Meter hohe Baumstämme gesucht werden. Die fehlenden Heringe wurden aus dicken Ästen geschnitzt.
Wenn das Zelt steht hat man ein rundes Zelt von ca. 3 Meter Durchmesser. In der Mitte kann man sogar stehen. Im Zelt liegen bis zu 6 Kinder. Wen man im Zelt liegt ist die Welt außen weit weg. Die Plane ist dunkel und schwer dass man innen drin glatt vergessen kann das gleich hinter der Plane der See oder der Wald ist. Nur wenn es regnet sollte man die Plane nicht berühren, sonst regnet es auch im Zelt. Nach 2 Stunden sind die Kinder fertig, etwa zeitgleich mit dem Beginn des Regens. Zum Glück ist der Essenplatz überdacht. Das Hühnerfrikassee muss nicht nass werden.
4. Nacht
Heute war der erste Ruhetag. Es ist der erste Tag in dem Marie im Zelt mit dem Mädchen im Pfadfinderzelt schläft. Ich werde heute in der Scheune schlafen. Im Zelt ist es sehr warm. Wir sind nicht die einzigen die nicht im Zelt schlafen. Johannes liegt auch draußen bei "unserer" Küche. Ganz spontan wurde heute Abend beschlossen den zweiten und letzten Ruhetag der Fahrt gleich morgen hier auf dem Biwakplatz zu machen. Das es so etwas wie Biwakplätze bei uns gibt war mir neu. Ein Biwakplatz ist ein Zeltplatz der nicht den Komfort eines Zeltplatzes hat. Dieser Biwakplatz hier ist aber gut ausgestattet, es gibt saubere Toiletten und einen Waschplatz mit fließend kaltem Wasser. Außerdem ist er sehr großzügig und liebevoll gestaltet. Man kann sich kleine urige Hütten mieten (eine ist die ‚Hütte von Obelix' oder man mietet sich ein echtes Tippiezelt am großen Lagerfeuerplatz. Hier gibt es einen See, einen Fußballplatz, einen überdachten Kochplatz und morgen dürfen wir hier Kistenklettern. Der Vorteil des Kochplatzes ist nicht zu unterschätzen. Auch wenn es nur eine große überdachte Bank ist muss man doch wenigstens die Sachen abends nicht immer verstauen. Wir haben eine große Gasflasche zum Kochen dabei, 2 20Liter Kanister für das Trinkwasser, geschätzt 5 große Kisten mit Essen und Kochutensilien. Es ist wirklich nur das notwendigste. Alle 2 Tage wird von Olis Vater oder Bruder ein großer Einkauf vorbeigebracht. Zum Kochen können 2 Kochplatten am Gas angeschlossen werden. So kann Oli sehr abwechslungsreich kochen. Am ersten Tag gab es Würstchen mit Tsaziki, am zweiten Tag Hühnerfrikasee, heute Risotto nach Pfadfindersart, geplant sind noch Eierkuchen, Nudeln, Kartoffelsuppe und Fladen.
5. Nacht
Halbzeit. 2 Tage sind wir gefahren, 2 Tage sind wir jetzt hier auf diesem Zeltplatz. Ich freue mich morgen wieder ins Boot zu können. Das Kistenklettern heute war ein echtes Highlight. Weil wir 13 Kolakisten gesehen haben hat Johannes beim Platzbetreiber nachgefragt ob sie Kletterausrüstung haben. Die wurde uns ausgeliehen. Johannes hat dann an einem Baum Haken befestigt. Jedes Kind welches hochklettern wollte wurde gesichert wie ein Bergsteiger. Ziel war es alle 13 Kisten aufeinanderzustellen und zum Schluss auf der 13. Kiste zu stehen. Fast alle Kinder sind erst gefallen als sie schon die zehn Kisten stapelten. Viele haben auch 12 oder 13 Kisten geschafft. Und 2 standen wirklich ganz oben und haben in die Kamera mit dem Pfadfinderzeichen gewunken. Wir haben zwar den ganzen Tag für die Veranstaltung gebraucht aber hat sich auf jeden Fall gelohnt. Parallel wurden heute Sachen gewaschen. Aber ich bezweifele dass dies notwendig war. Die meisten tauschen zumindest ihre T-Shirt und Hosen nicht zu oft.
6. Nacht
"Auf solch einer Reise lernt man den Komfort zu Hause erst schätzen". Diesen Satz von Oli habe ich heute verstanden.
Angefangen hat es schon zum Frühstück. Da wir erst heute Abend von Olis Vater einen neuen Einkauf bekommen sollten gab es heute früh Reste. Kein Nutella! Jeder durfte eine Stulle mit Salami und eine Stulle mit Käse essen. Dann ging es los. Der erste Weg ging durch einen flachen Bach durch einen wunderschönen Wald. Die Strecke ist jedes Boot für sich allein gefahren. Als der Wald sich lichtete wurde der Bach breiter, aber die Fahrrinne blieb so schmal wie bisher. Wunderschöne Seeblumen zeigten uns den Weg. Das Wasser ist wunderbar sauber. Wir haben Fische gezählt. Robert und Lukas haben sich hier über Computerspiele ausgetauscht. Das war in dieser Landschaft im Boot unwirklich weit weg. Wie aus dem nichts war der Bach einfach zu Ende. Wir mussten austeigen. Jedes Boot musste komplett ausgepackt werden. Das Boot musste über eine Fernverkehrsstraße getragen werden und dann noch ca. 100 Meter weiter zur nächsten Einstiegstelle. Und dann müssen noch die Rucksäcke, Schlafsäcke und Kisten dieselbe Strecke nehmen.
Neuer Treffpunkt war dann ca. 1km nach der Einstiegstelle. Das erste Boot musste dort fast anderthalb Stunden warten bis das letzte Boot kam. Die Wartezeit war dem Umtragen bei der Straße geschuldet. Als wir alle endlich wieder zusammen waren sind wir eine halbe Stunde über den See gefahren. Am Ausgang vom See mussten wir wieder aussteigen, aber diesmal nicht um umzutragen sondern weil der Bach zum nächsten Biwakplatz gesperrt ist. So mussten wir alle Boote samt Inhalt auf geborgten Boothandwagen mehr als 3 km durch Waldwege pflügen. Wir haben die Schritte gezählt um abschätzen zu können wann wir endlich da sind. So eine Kanutour kann auch körperlch anstrengend sein. Als wir den Biwakplatz erreichen haben wir diesen erst gar nicht als solchen erkannt. Es gab nur eine umzäunte Wiese. Kein Wasserhahn, keine Toilette. Als ich das gesehen habe war ich doch froh dass sich irgendeiner durchgesetzt hat und wir die beiden vollen 20Liter Wasserkanister nicht geleert haben. Das wir vom letzten Zeltplatz die selbst geschnitzten Holzheringe nicht mitgebracht. Und wer hat die Knoten gelöst um die Zelte am Mittelstamm zu befestigen? Also alles nochmal… Alle Schwierigkeiten wurden auch heute gemeistert. Es gab keine Verletzten.
7. Nacht
Noch eine Nacht. Heute das letzte Mal Zelt aufbauen, das letzte Mal Essen kochen, das letzte Mal das eigenes Geschirr abwaschen. Einen Vorgeschmack auf Zivilisation hatten einige schon, hier gibt es Duschen!! Mit warmen Wasser!!
Und morgen gilt es das allerletzte Mal die Boote ins Wasser zu lassen. Für einige hätte es heute schon der letzte Tag sein müssen. Die Jungen Wilden waren am ersten Tag noch die schnellsten. Heute haben sie sich ins Ziel gekämpft. Und ich glaube sie sind nicht die einzigen die ihre grenzen spüren. Die Minotauren haben wieder Holz gesammelt und das Lagerfeuer angefacht. Sie sitzen jetzt alle am Lagerfeuer und lauschen gemeinsam mit allen Erwachsenen und den Mädchen der Geschichte von Johannes. Nur die Wilden fehlen. Sie liegen schon in ihren Schlafsäcken. Weil es heute spät ist haben wir nicht die Pfadfinderlieder gesungen. Schade eigentlich, das lustige Ungarnlied hat immer Spaß gemacht. Heute ging es gleich los mit der Geschichte von Johannes. Er hat über die ganze Fahrt verteilt eine Geschichte von einer Todesinsel erzählt. 3 Kinder verschlägt es auf ein Schloss auf dem seltsame Sachen vor sich gehen. Im Mittelpunkt der Geschichte steht eine Insel die jeder sieht aber auf die keine geht. Heute am letzten Abend wird Johannes die Geschichte auflösen.
8. Nacht Endlich zu Hause. Ich freue mich auf mein Bett. Die erste Nacht seit einer Woche ohne die verdammten Mücken.
[Rüdiger Radcke]